Wien (ots) –
Rund 200 Werke von 75 Künstler*innen zeigen die Vielfalt des Kunstschaffens der Moderne und der zeitgenössischen Kunst in der bisher umfassendsten Schau zur Sammlung Würth in Österreich
Die Würth Collection zählt zu den größten Privatsammlungen Europas und zu den bedeutendsten Kunstsammlungen der Welt. Leopold Museum Direktor Hans-Peter Wipplinger erhielt seitens des Sammlers Prof. Reinhold Würth eine Carte Blanche und wählte aus den etwa 19.000 Exponaten der Sammlung rund 200 Meisterwerke für die Ausstellung AMAZING. The Würth Collection im Leopold Museum aus. Die Schau lädt zu einer einzigartigen Reise durch mehr als 100 Jahre Kunstgeschichte. Ein Schwerpunkt der Sammlungspräsentation liegt auf der klassischen Moderne. Zu den Highlights zählen Werke von Edvard Munch, Pablo Picasso, Max Liebermann, Gabriele Münter, Max Beckmann, Max Pechstein oder Hans Arp. Ein weiterer Fokus liegt auf zeitgenössischer Kunst. Gezeigt werden Werke von Fernando Botero, Per Kirkeby, dem Künstlerehepaar Christo und Jeanne Claude, Gerhard Richter, Georg Baselitz und Anselm Kiefer aber auch von herausragenden Künstler*innen aus Österreich wie Fritz Wotruba, Maria Lassnig, Arnulf Rainer und Erwin Wurm.
„Als Referenz an den Museumsgründer und passionierten Sammler Prof. Rudolf Leopold richtet das Leopold Museum kontinuierlich den Fokus auf weitere bedeutende Privatsammlungen von internationalem Rang und stellt signifikante Ausschnitte aus deren Kollektionen vor. Ich bin überzeugt, dass die facettenreiche Sammlungspräsentation Amazing. The Würth Collection nicht nur den aufschlussreichen Triumphzug der Moderne kongenial nachzeichnet und widerspiegelt, sondern in unserer Zeit multipler Krisen eine ganz besondere Bereicherung für Emotion und Verstand bietet und zugleich sinnliches Erlebnis und Erkenntnisprozess für unsere Museumsbesucher*innen ist.“
Hans-Peter Wipplinger, Direktor des Leopold Museum und Kurator der Ausstellung
Anlässlich der Schau stellt das Leopold Museum erstmals zwei komplette Ausstellungsebenen für eine Wechselausstellung zur Verfügung. Weitgehend chronologisch konzipiert und unter Berücksichtigung unterschiedlicher Kunstepochen, werden einzelne Schwerpunkte gesetzt. Die Präsentation reicht vom Impressionismus über den Expressionismus und Kubismus bis hin zum Surrealismus sowie verschiedenen Ausformungen der abstrakten Kunst. Die Kunst nach 1945 ist mit wichtigen Werken von Georg Baselitz, Fernando Botero, Christo und Jeanne-Claude, Anselm Kiefer, Per Kirkeby, Markus Lüpertz oder Gerhard Richter präsent. Ein Fokus der Sammlungspräsentation zeugt vom großen Interesse Prof. Reinhold Würths an der österreichischen Nachkriegskunst.
„Private Sammlungen unterscheiden sich von öffentlichen, indem sie, so wie im Würth’schen Fall, über Jahre innerhalb ihres selbst gefundenen Profils wachsen können und nicht einer Politik der Must-haves folgen müssen. Wir glauben, dies spiegelt sich gelungen in der Auswahl für die Ausstellung Amazing. The Würth Collection, dank ihres Kurators Hans-Peter Wipplinger, der unsere Sammlung schon viele Jahre kennt und ihre internationale wie facettenreiche Spannweite gut durchdrungen hat. Die uns so wohl bekannten Werke in dieser neuen Zusammenstellung in den wunderbaren Räumlichkeiten des Leopold Museum zu sehen, ist eine ganz besondere Freude. Besucher*innen der Ausstellung werden ihre ureigensten Entdeckungen machen und von manchem Werk im Original vielleicht auch amazed sein.“
Sylvia Weber, Geschäftsbereichsleiterin Kunst und Kultur in der Würth-Gruppe
Klassische Moderne aus der Würth Collection
Impressionismus
Der Ausstellungsauftakt ist dem Wegbereiter der Moderne Max Liebermann gewidmet, einem der Hauptvertreter des deutschen Impressionismus. Der Mitbegründer der Berliner Secession richtete den Blick auf bäuerliche und industrielle Arbeitswelten, sodass ihn Kritiker despektierlich als Sozialisten bezeichneten. Um 1900 entstanden bürgerliche Lebensschilderungen. Der experimentierfreudige Künstler verband Impressionistisches mit einem expressiven Duktus und beeinflusste nachfolgende Generationen. Die für die Schau ausgewählten Werke des französischen Impressionismus, etwa von Alfred Sisley und Camille Pissarro, zeichnen sich durch Darstellungen flüchtiger Momentaufnahmen wie etwa Lichtstimmungen aus. Die Impressionisten malten schnell, intuitiv und subjektiv, meist direkt in der Natur. Ab den 1880er-Jahren breitete sich der Impressionismus in Europa aus. Paul Baum in Deutschland oder der Österreicher Josef Engelhart, einer der Mitbegründer der Wiener Secession, sind Maler mit impressionistischer Ausprägung.
Expressionismus
Ein Schwerpunkt der Schau ist dem Expressionismus gewidmet. Von Werken der Wegbereiter Edvard Munch und Ferdinand Hodler über die Frühexpressionistin Paula Modersohn-Becker reicht die Auswahl bis zu Beispielen der Künstlergemeinschaft Brücke, deren Mitglieder, wie etwa Ernst Ludwig Kirchner oder Erich Heckel, in Auflehnung gegen die industrialisierte Gesellschaft eine naturbezogene Lebensreform anstrebten. Eine Kunst voller Ausdruckskraft schufen die Künstler rund um die Herausgeber des Blauen Reiter Wassily Kandinsky und Franz Marc, etwa August Macke und Lyonel Feininger. Kandinsky und Gabriele Münter, der das Leopold Museum im Herbst eine Retrospektive widmet sowie Alexej von Jawlensky und Marianne von Werefkin schufen ab 1908 gemeinsam expressionistische, farbintensive Werke.
Max Beckmann und Pablo Picasso
In zwei nebeneinander liegenden Sälen werden Werke des Einzelgängers Max Beckmann und des Kubisten Pablo Picasso präsentiert. Obwohl sie einander nie persönlich begegneten, verfolgten sie das Schaffen des anderen genau. Beckmann ließ sich als selbststilisierter Einzelgänger nicht von den Avantgarden seiner Zeit mitreißen. Er war überzeugt, dass man zu einer „transzendenten Sachlichkeit“ finden müsse und ergründete existenzielle Abhängigkeiten, denen das Individuum ausgesetzt ist. Picassos Werk war von Lebensfreude und Sinneslust dominiert. An Schaffenskraft, stilistischer Vielfalt und Innovation in den unterschiedlichsten Medien ist der Universalkünstler unübertroffen.
Konstruktivistische Abstraktionstendenzen
Von Hans Arp, Schlüsselfigur der Kunstszene seiner Zeit, präsentiert die Schau zahlreiche Werke. Als Protagonist der organischen Abstraktion kreierte er mit seinen biomorphen Arbeiten eine Gegenwelt zum Rationalismus einer technisierten und vernunftorientierten Gesellschaft. Die 1931 in Paris gegründete Vereinigung Abstraction-Création versammelte unterschiedliche Zugänge zum Thema der Abstraktion, so etwa konkrete, konstruktivistische oder geometrische Tendenzen. In diesem Sammelbecken von Künstler*innen war neben Arp auch Sonia Delaunay-Terk präsent.
Surrealistische Traumwelten
Max Ernst gründete aufgrund von Kontakten mit den Dada-Zentren in Zürich und Berlin nach dem Ersten Weltkrieg u.a. zusammen mit Arp die Kölner Dada-Gruppe. 1922 zog er nach Paris und wurde ein Protagonist der surrealistischen Bewegung. Experiment und Zufall führten zu innovativen Collagen und Assemblagen und zur Entdeckung der Frottage-Technik. Seine fantastischen Bildfindungen kreierten rätselhafte Traumwelten. René Magritte, der wichtigste Vertreter des belgischen Surrealismus kombinierte naturalistische Gegenstände in ungewöhnlich ambivalenten Darstellungen und hinterfragte die Scheinhaftigkeit der Wirklichkeit.
Abenteuer Abstraktion
Dem Abenteuer Abstraktion, der Abwendung von der gegenständlichen Malerei in ihren unterschiedlichsten Ausformungen sind zwei Säle gewidmet. Werke von u. a. František Kupka, Johannes Itten, Max Bill oder Sonia Delaunay-Terk veranschaulichen die Vielfalt der Gestaltungsprinzipien, die von post-kubistischen Tendenzen über geometrische Varianten zum abstrakten Farblyrismus bis hin zu modernistischen, durch die Bauhaus-Schule geprägten Strömungen reicht.
Zeitgenössische Kunst aus der Würth Collection
Im zweiten Teil der Ausstellungsebene steht die zeitgenössische Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts aus der Sammlung Würth im Fokus. Von Christo und Jeanne-Claude besitzt Prof. Reinhold Würth einen Werkkomplex von rund 100 Exponaten aus allen Schaffensphasen, welchen Christo selbst als die größte und weltweit bedeutendste Sammlung ihres Œuvres hervorhob. Das Leitmotiv ihrer Verhüllungsarbeit war stets, Dinge oder Landschaften neu wahrnehmbar zu machen. Der folgende Raum ist den Gemälden und Kohlezeichnungen des Kolumbianers Fernando Botero gewidmet, der für seine voluminösen, grotesken Menschendarstellungen bekannt ist. Im nächsten Saal begegnet man den neoexpressiven Landschaftsvisionen des dänischen Künstlers Per Kirkeby. Einen starken Kontrast dazu bilden die thematisch vielfältigen Arbeiten von Gerhard Richter, der heute weltweit als einer der einflussreichsten internationalen Künstler gilt.
Österreichische Positionen in der Würth Collection
Hervorzuheben ist der beachtliche, mehr als 1.300 Werke umfassende Schwerpunkt österreichischer Kunst nach 1945 in der Sammlung Würth. Aus dieser größten Sammlung heimischen Kunstschaffens außerhalb Österreichs werden in zwei Sälen ausgewählte Exponate gezeigt. Der dichte Parcours beginnt bei Maria Lassnig, Arnulf Rainer, den Aktionisten Hermann Nitsch und Günter Brus, führt zu Christian Ludwig Attersee, dem Abstrakten Jürgen Messensee oder Kurt Kocherscheidt, ein Mitglied der Gruppe Wirklichkeiten, bis zu den Neuen Wilden der 1980er-Jahre, die ihre subjektiven Empfindungen in expressiv abstrahierender Weise darlegten, darunter Hubert Scheibl, Herbert Brandl oder Gunter Damisch.
Internationale Bildhauerkunst in der Sammlung Würth
Einen zentralen Bestandteil der Sammlung Würth bildet zudem die internationale Bildhauerkunst, die etwa durch Werke von Anish Kapoor oder Tony Cragg in der Schau präsent, ist und deren österreichische Vertreter, darunter der nach Reduktion und Harmonie strebende Fritz Wotruba oder der politische Realist Alfred Hrdlicka, wichtige Positionen in der Ausstellung vertreten.
Markus Lüpertz, Georg Baselitz und Anselm Kiefer sind eigene Ausstellungssäle gewidmet. Im Schaffen von Lüpertz steht die Reinterpretation der Kunst- und Zeitgeschichte von der Antike bis zur Moderne im Mittelpunkt. Baselitz wurde mit seinen auf dem Kopf stehend gemalten neoexpressiven Bildmotiven der 1970er- und 80er-Jahre international bekannt. Im Leopold Museum werden u.a. eine mehr als drei Meter hohe Skulptur und Exponate aus seiner ab 2005 einsetzenden Beschäftigung mit der Werkgruppe Remixes präsentiert. Den Abschluss von Amazing bildet ein den Werken Kiefers gewidmeter Saal. Der Maler und Bildhauer reflektiert in seinen oft monumentalen Arbeiten die Historie, befasst sich mit der Erinnerung und führt die Betrachter*innen in die Untiefen menschlichen Handelns und Seins.
REINHOLD WÜRTH UND SEINE SAMMLUNG
Der Aufbau der Würth-Gruppe
Der Unternehmer und Kunstmäzen Prof. Reinhold Würth (*1935) legte den Grundstein zu seiner Sammlung in den 1960er-Jahren und trug im Laufe von sechs Jahrzehnten tausende erlesene Werke aus den Bereichen der Malerei, Skulptur und Grafik vom ausgehenden 14. Jahrhundert bis zur Gegenwart zusammen. Prof. Reinhold Würth übernahm 1954, nach dem frühen Tod seines Vaters, als 19-Jähriger den Zweimannbetrieb und baute das Geschäft in den kommenden vier Jahrzehnten zu der Würth-Gruppe aus, einem weltweit agierenden Handelskonzern und internationalen Marktführer in der Befestigungs- und Montagetechnik.
Kunst bei Würth
Am Firmensitz in Künzelsau öffnete 1991 das Museum Würth als erster musealer Standort seine Pforten. 2020 wurde als jüngstes Ausstellungshaus das Museum Würth 2 in das von David Chipperfield entworfene Kultur- und Kongresszentrum Carmen Würth Forum integriert. Es handelt sich dabei um das mittlerweile 15. Museum bzw. Kunstforum, welches das Unternehmen als Ausdruck der gelebten Unternehmenskultur europaweit betreibt. Prof. Reinhold Würth und seine Frau Carmen vertrauen darauf, dass neben der Kunst auch Literatur und Musik imstande sind, kulturelle, soziale und sprachliche Barrieren zu überwinden und universelle Gemeinsamkeiten entstehen zu lassen.
Die Sammlung Würth
Die private Unternehmenssammlung verfügt heute, nach bald 60-jähriger konsequenter Sammeltätigkeit, über rund 19.000 Kunstwerke. Das früheste Werk stammt aus dem Jahr 1390, das jüngste aus dem Jahr 2022. Seit 1991 zeigt die Würth-Gruppe an inzwischen 15 europäischen Spielorten, nahe der jeweiligen Firmensitze, die Sammlung in wechselnden Ausstellungen bei freiem Eintritt. Der Art Room Würth am österreichischen Firmensitz in Böheimkirchen oder der Walk of Modern Art in Salzburg wie auch ebendort der Würth Skulpturen Garten bei Schloss Arenberg sind Botschafter der Sammlung Würth in Österreich.
Feierliche Eröffnung der Ausstellung AMAZING im Leopold Museum
Leopold Museum Direktor Hans-Peter Wipplinger eröffnete die umfassende Präsentation ausgewählter Werke der Würth Collection, gemeinsam mit Prof. Dr. Reinhold Würth, Sylvia Weber (Geschäftsbereichsleiterin Kunst und Kultur der Würth Gruppe), dem Vorsitzenden des Kunstbeirates der Sammlung Würth Christoph Becker und S.E. Botschafter der Bundesrepublik Deutschland Michael Klor-Berchtold. Zur festlichen Veranstaltung kamen Leopold Museum-Privatstiftung-Vorstandsvorsitzender Josef Ostermayer, die Vorstände Sonja Hammerschmid und Saskia Leopold, Moritz Stipsicz (kaufmännischer Direktor des Leopold Museum), die Sammler*innen Agnes Essl, Elisabeth Leopold, Waltraud Leopold und Helmut Klewan, Bundeskanzlerin a.D. Brigitte Bierlein, die Präsidentin der Salzburger Festspiele Kristina Hammer, Angela Baillou (GFin Christie‘s Österreich), die Galerist*innen Ernst Hilger (mit Karoline Hilger-Bartosch), Thaddaeus Ropac, Thomas Salis und Cornelius van Almsick (Galerie Zeller van Almsick), Waltraud Forelli (Atelier Anselm Kiefer), die Künstler*innen Martha Jungwirth, Elfie Semotan, Suse Krawagna, Jürgen Messensee, Alfred Haberpointner, Manfred Hebenstreit, Franco Kappl und Walter Vopava, Ex-AK Wien Direktor Werner Muhm, Gertrud Aichem-Degreif (Kulturreferentin, Deutsche Botschaft) Christoph Thun Hohenstein (BMEiA), die Kunsthistoriker*innen Maria Würth, Thomas Zaunschirm, Rainer Metzger und Daniela Gregori, RA Thomas und Christiane Mondl, Petra Eibel (Versicherungsexpertin), Schauspieler Helmut Bohatsch, Harald Friedrich (VS Liechtensteinische Landesbank) und Barbara Friedrich, Thomas Baumgartner (McKinsey) und Sabina Baumgartner-Parzer (Med. Uni Wien), Christian Knobloch (CKV Gruppe), Christoph von der Schulenburg (Dorotheum) u.v.a.
AMAZING. The Würth Collection
05.04.–10.09.2023
Kurator: Hans-Peter Wipplinger
Exponate: In der Ausstellung werden rund 200 Werke von 75 Künstler*innen gezeigt, darunter 147 Gemälde und 12 Arbeiten auf Papier, 5 Arbeiten von Christo in Mischtechnik, 32 Skulpturen und 4 Wandobjekte.
Ausstellungskatalog
Zur Ausstellung ist ein umfangreicher Katalog in deutscher und englischer Sprache erschienen: AMAZING. The Würth Collection herausgegeben von Hans-Peter Wipplinger, mit Beiträgen von Rainer Metzger, Sylvia Weber, Hans-Peter Wipplinger und Reinhold Würth, 23,5 x 28 cm, 400 Seiten, 224 Abbildungen, erschienen im Verlag der Buchhandlung Walther und Franz König, Köln, erhältlich im Leopold Museum Shop (EUR 49,90): www.leopoldmuseum.org/shop
Link zur digitalen Ausstellung (https://www.ots.at/redirect/leopoldmuseum14)
Bilder zur Ausstellungseröffnung in der APA Fotogalerie (https://www.apa-fotoservice.at/galerie/31858)
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Leopold Museum-Privatstiftung
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